IRPAA (Brasilien)

Begleitung und Beratung der Familien der traditionellen Landgemeinden bei Registrierung kollektiver Weideflächen

Unsere Partnerorganisation: IRPAA

Die grundlegende Idee: Convivência

Das Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft (Instituto Regional da Pequena Agropecuária Apropriada) IRPAA ist ein langjähriger Projektpartner der Selbstbesteuerungsgruppe Aktion 5% Düsseldorf (AK5%). Ziel dieser Nichtregierungsorganisation ist es, eine Lebensweise zu entwickeln, die die Besonderheiten des semiariden Nordostens respektiert und seine Stärken nutzt – die Convivência com o Semiárido . IRPAA versucht dies in einer Vielzahl von unterschiedlichen Projekten umzusetzen – von agrartechnischen Programmen wie Bildungsangeboten über den Zisternenbau und andere Methoden der Wasserhaltung bis hin zur Begleitung in Fragen des Landrechts.

Die Unterstützung des Zisternenbaus steht am Anfang der Unterstützung von IRPAA durch den AK5%.

Die Wasserfrage

IRPAA ist im Zuge der Auseinandersetzungen um den Bau des Sobradinho-Großstaudamms am Rio São Francisco gegründet worden. Der Zugang zu Wasser ist für das Überleben im semiariden Nordosten überlebensnotwendig. Das Großstaudammprojekt diente jedoch gerade nicht dazu, den Wasserzugang für die dort lebenden Menschen zu verbessern. Im Gegenteil, ihnen wurde das Wasser des São Francisco als Lebensgrundlage entzogen: Der Wechsel von hohen und niedrigen Wasserständen, der die Landwirtschaft an den Flussufern ermöglichte, wurde durch die mit dem Staudammbau verbundene Wasserstandregulierung unmöglich gemacht. Die Wasserentnahme aus dem See ist den Anwohner*innen untersagt, ebenso wie die Entnahme aus den ausgedehnten Bewässerungskanälen für den Plantagenanbau von Früchten oder Zuckerrohr. Das Sobradinho-Staudammprojekt erwies sich somit in seinen Auswirkungen als sozial bedenklich: Menschen wurden vertrieben, ihre Lebensgrundlage vernichtet und die überlebensnotwendige Ressource Wasser privatisiert.

Die Landfrage

Abgesehen von Gartenbau in kleinem Umfang eignet sich die Caatinga, einer der dominierenden Landschaften im Nordosten Brasiliens, für die extensive Kleintierhaltung: Schafs- und Ziegenherden ziehen frei umher und suchen selbständig ihre Nahrung. Dies setzt den freien Zugang zu den weitläufigen Weideflächen voraus. Dies ist nur durch gemeinsames Eigentum eines Dorfes an Weideland realisierbar – dem Fundo de Pasto. Im brasilianischen Bundesstaat Bahia, in dem IRPAA seinen Sitz hat, können traditionelle Dorfgemeinschaften des Fundo de Pasto einen kollektiven Landtitel über ihr Areal erwerben. Diesen Anspruch durchzusetzen, ist alles andere als einfach, da Großgrundbesitzer, Photovoltaik- und Windenergiefirmen versuchen, sich das Land der traditionellen Dorfgemeinschaften anzueignen. Umgekehrt ist der Landtitel ein wichtiges Instrument zur Sicherung des Landes.

Der AK5% unterstützt genau diesen Teil der Arbeit von IRPAA: die Begleitung von Dorfgemeinschaften bis zur Registrierung als traditionelle Gemeinde des Fundo de Pasto und ihre Unterstützung in Landkonflikten.

Die aktuelle Lage

Seit dem Regierungsantritt des derzeitigen Staatspräsidenten Bolsonaro im Jahr 2018 hat sich die Situation von Nichtregierungsorganisationen wie IRPAA, die sich für die Belange der armen Bevölkerungsmehrheit einsetzen, zusehends verschlechtert. Die Rechte Indigener, Quilombeiros und anderer marginalisierter Volksgruppen werden wieder beschnitten. Großgrundbesitzer und Unternehmen werden unverhohlen zum Landraub ermutigt. Für IRPAA bedeutet das, dass der Schutz der Mitarbeiter*innen und der Dorfgemeinschaften immer wichtiger wird. Eine Strategie für sie ist, verstärkt mit anderen Organisationen zu kooperieren (z. B. Im Rahmen sog. Articulações) und nicht nur Einzelpersonen, sondern ganze Gruppen zu schulen und zu vernetzen.

Durch die COVID-19-Pandemie wurde die Arbeit von IRPAA nochmals erschwert. Seitens der Regierung Bolsonaro wurde die Pandemielage bagatellisiert, die Regierung des Bundesstaats Bahia ergriff Maßnahmen, die aber dazu führten, dass Besuche in den Landgemeinden gar nicht oder nur in sehr geringem Maße möglich waren. Diese sind jedoch unerlässlich, da es auf dem Land nur selten einen Internetzugang gibt. Andererseits wurden Unternehmer und Großgrundbesitzer von Seiten der Staatsregierung ermutigt, Landnahme durchzuführen. Dadurch war die Begleitung der Dorfgemeinschaften nicht immer in ausreichendem Maße gewährleistet. Mittlerweile hat IRPAA jedoch Wege gefunden, mit dieser Situation besser umzugehen.

Weiterführende Informationen zu IRPAA

www.irpaa.org – Offizielle Website (brasilianisch, englisch, französisch, spanisch deutsch)